Was uns bewegt....

                    Themen unserer Zeit.....


Auf dieser Seite werden wir aktuelle Themen oder Fragen der Zeit behandeln und unsere Sicht auf diese Ding mitteilen, ohne der Entscheidung der Kirche dazu vorwegzugreifen.

Hierbei werden wir auf Veröffentlichungen uns geistig naher Stellen, mit derer freundlichen Genehmigung, zurückgreifen.


Fatima und die Weihe an das unbefleckte Herz Mariens

Von P. Roland Schindele SJM

Papst Johannes Paul II verfasste für den 07. Juni 1981 eigens ein Gebet zur Gottesmutter, einen „Vertrauensakt“ wie er es nannte. An diesem Tag jährte sich zum 1550 Mal das Konzil von Ephesus, auf dem die Gottesmutterschaft Mariens feierlich zum Dogma erhoben worden war. Der Papst aber lag noch schwerkrank nach dem überstandenen Attentat vom 13. Mai in der Gemelli-Klinik in Rom. Dorthin hatte er sich die Dokumente über Fatima aus dem Vatikan bringen lassen, war er doch überzeugt, dass es Unsere Liebe Frau von Fatima gewesen war, deren Hand ihn wunderbarer Weise vom Tod errettet hatte. Der „Vertrauensakt“ an die Gottesmutter wurde in seiner Abwesenheit vollzogen. Er selbst wiederholte diese Weihe an Maria bei seinem Besuch in Fatima am 13. Mai 1982. Was verbindet nun Fatima und die Weihe an das unbefleckte Herz Mariens?

 

Ein Blick in die Geschichte

Die Weihe an die Gottesmutter hat ihren Ursprung im Konzil von Ephesus, in dessen Folge zum ersten Mal Kirchen der Gottesmutter geweiht wurden. Aus dieser Zeit stammt auch das älteste Hingabegebet an Maria „Unter deinen Schutz und Schirm“.

Im Mittelalter waren es verschiedenen Ordensgemeinschaften, allen voran die Dominikaner, die die Weihe von Personengruppen und Gemeinschaften pflegten. Vorformen der persönlichen Weihe des einzelnen Gläubigen an Maria fanden sich in dieser Zeit bei einzelnen Mystikern, wie beim hl. Hermann Joseph von Steinfeld (+ 1225), dem in mystischer Weise eine „geistliche Vermählung mit Maria“ geschenkt wurde.

Es dauerte jedoch noch einige Jahrhunderte, bis die Weihe an die Muttergottes durch den hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort (+1716) theologisch und spirituell fundiert, verständlich formuliert und mit großem Eifer verbreitet wurde. Ihm zufolge besteht der Gedanke dieser besonderen Form der Marienfrömmigkeit darin, sich „Maria zu weihen, um durch sie Jesus ganz anzugehören“.

 

Das Grundmotiv das ihn bei seiner „Vollkommenen Andacht zu Maria“ anleitete, war eine glühende Liebe zu Christus. Denn die Heilsgeschichte zeigt und Maria als die vollkommene Empfängerin und gleichzeitig Vermittlerin des Heiles, das uns in Christus geschenkt wurde. Sie war das Gefäß „voll der Gnade“, der Tempel des hl. Geistes, frei von jeder Sünde, in dem Gott selbst Wohnung nahm. Zugleich war sie diejenige, auf die die Aussage Jesu in besonderer Weise zugetroffen hat: „Ja, selig sind vielmehr die das Wort Gottes hören und es befolgen.“ (Lk. 11,28) Sie hat das Geschenk der Gnade also nicht nur selbst in vollkommener Weise empfangen, sondern auch weitergegeben. Auf dem Höhepunkt ihrer Hingabe unter dem Kreuz wurde sie zur Mutter aller Menschen. So wies der hl. Ludwig die Marienweihe als den vollkommensten und sichersten Weg zu Christus.

 

Neben der persönlichen Weihe an Maria und ihr Unbeflecktes Herz entwickelte sich im Lauf der Geschichte auch die stellvertretende Weihe anderer Menschen und Völker durch einen rechtmäßigen Verantwortungsträger. Die erste bekannte stellvertretende Weihe an Maria vollzog der hl. Stefan I, König von Ungarn (+1038). Dieser vertraute Maria sein Land an und bestimmte Maria zur „Patrona Hungariae“. In Folge der Weltweihe an das Göttliche Herz Jesu durch den sel. Papst Leo XIII. 1899 wurden Bitten laut, diese Weihe in gleicher Weise auch an das Unbefleckte Herz zu vollziehen.

 

Bedeutung der Weihe an das Unbefleckte Herz

Aus diesem kurzen geschichtlichen Überblick über die Entwicklung der Weihe an die Gottesmutter und insbesondere an ihr Unbeflecktes Herz werden schon die wichtigsten Merkmale dieser besonderen Form der Marienverehrung deutlich:

  1. Die Weihe ist mehr als nur ein vertrauensvolles      Bittgebet um den besonderen Schutz Mariens. Derjenige, der sich Maria      weiht, schenkt sich ihr als seiner himmlischen Mutter. Grignion v.      Montfort bezeichnet diese Übereignung an Maria mit den drastischen Worten      der (Sklavenschaft) gegenüber Maria. Die Weihe an Maria ist so verstanden      wirklich eine Übereignung an Maria als unserer Mutter, Königin und Herrin.
  2. Maria ist dabei nicht das letzte Ziel der Weihe.      Vielmehr hilft und Maria zu einer tieferen Liebe zu Christus, sie selbst      sucht nichts für sich. Weil Gott den Weg über Maria zu uns Menschen      gewählt hat, ist dies umgekehrt aber auch der vorzüglichste, beste und      direkteste Weg für uns Menschen zu Gott.
  3. Die Übergabe des eigenen Lebens an Maria ist      damit richtig verstanden eine Übergab an Christus durch Maria. Daraus wird      deutlich, warum die Marienweihe als eine besondere Art der Tauferneuerung      gilt: an der Hand unserer himmlischen Mutter entscheiden wir uns erneut      für den Glauben an Christus und gegen die Verlockungen des Bösen.
  4. Als Weihe an Maria ist in diesem strikten Sinn      nur die persönliche Form zu verstehen. Neben dieser entwickelte sich aber      auch die stellvertretende Weihe einer Familie, einer Diözese, eines Landes      oder der ganzen Welt. Diese unterscheidet sich von der persönlichen Form      der Weihe im Umfang und auch in ihrer Wirkweise. Sie ist weniger eine      Übergabe an Maria als vielmehr ein vertrauensvolles Anempfehlen und ein      flehentliches Gebet desjenigen Menschen, dem andere in besonderer Weise      anvertraut sind, also eines Vaters stellvertretend für seine Familie, des      Bischofs für seine Diözese usw. 


Maria und die Kirche in der Zeit

 

Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel, eine Frau mit der Sonne bekleidet; der Mond unter ihren Füßen und ein Kranz aus zwölf Sternen auf ihrem Haupt. Sie war schwanger und schrie vor Schmerz in ihren Geburtswehen.

(Offb. 12, 1-2)

Das zwölfte Kapitel der Offenbarung des Johannes ist der Lesungstext zu einigen Marienfesten. Daher lohnt es sich, diesen Abschnitt besonders unter einem marianischen Gesichtspunkt zu betrachten.

Bisher hat Johannes in seinen Visionen geschaut, wie das Lamm im Himmel – Symbol für Jesus Christus – die sieben Siegel des Buches der Weltgeschichte geöffnet und somit den tieferen Sinn des Weltgeschehens offenbar gemacht hat. Die sieben Posaunen sind erschallt und haben das Unheil gezeigt, das über die Bewohner der Erde hereinbricht. Mit dem ertönen der siebten Posaune öffnet sich der Blick auf das messianische Geschehen der Endzeit.

Das Kind, das die Frau unter ihrem Herzen trägt, zeigt uns den Messias, Jesus Christus, Gottes Sohn. Die Frau ist Bild für das Volk Gottes. Die zwölf Sterne sind Symbol für die zwölf Stämme Israels, des auserwählten Gottesvolkes. Durch dieses Volk will Gott der Welt sein Heil vermitteln und aus diesem Volk geht der Messias hervor. Durch die Einsetzung der zwölf Apostel hat Jesus Christus das neue Gottesvolk errichtet, das aus dem Gottesvolk das Alten Bundes hervorgeht, nun aber die ganze Welt umgreift.

Die Frau ist zum einen Symbol für das Volk Gottes, sie ist aber auch ein ganz konkreter Mensch: Maria. In ihr verdichtet sich die Geschichte des Volkes Gottes. Aus ihr geht der Messias hervor und so wird sie zur Schnittstelle zwischen Altem und Neuem Bund.

„Maria hat nicht nur als Person und Gestalt Bedeutung, sondern auch als Zeichen und Symbol. Dies aber nicht in einem äußerlichen, konventionellen Sinne verstanden, so wie man gewisse Dinge mit symbolischer Bedeutung ausstattet. Maria ist vielmehr als wirklichkeitsfüllendes personales Symbol zu erkennen, in welchem Zeichen und Wirklichkeit, Bedeutung und Tat, Sinn und Gestalt zusammengehören.“ Diese Worte von Leo Kardinal Scheffczyk zeigen uns, wie wir diese Stelle aus der Offenbarung deuten können. Die Frau ist konkret Maria und sie ist zugleich Symbol für das alte Gottesvolk, aus dem der Verheißung nach der Messias hervorgeht. Durch die Geburt des Messias wird Maria zur Mutter des neuen Gottesvolkes, das ihr Sohn auf Erden gegründet hat. Gottes Geschichte mit den Menschen ist immer konkret. Sie geschieht durch bestimmte Personen, die Gottes Willen tun. Sie entsteht nicht durch Debatten und Verlautbarungen, sondern durch Taten. Durch ihr Ja zu Gott ist Maria zum Urbild aller Menschen zu allen Zeiten geworden, die ihr Ja sagen zum Willen Gottes. Dies rechtfertigt die Stellung, die ihr die Kirche zuweist, indem sie uns Maria als Mutter und Fürsprecherin zeigt.

Gott selbst zeigt uns Maria als Urbild des glaubenden Menschen. Johannes sieht Maria als Zeichen der neuen Heilszeit des Messias. Die zwölf Sterne zeigen die Universalität Mariens als Repräsentantin des Alten und Neuen Bundes. Sonne und Mond sind Zeichen dieser Erdenzeit, die Sonne als Zeitmesser des Tages, Mond als Nachtgestirn und Maß für Monate und Festzeiten. So wird deutlich, dass das folgende Geschehen, das Johannes als Vision im Himmel sieht, ein konkrete Entsprechung auf Erden hat.

So wie Maria einerseits symbolisch für das Volk Gottes steht, andererseits aber ganz konkret auf Erden gelebt hat, so bleibt auch alles andere, das Johannes sieht, kein abstraktes Bild, sondern wird konkreter geschehen.

Ein anderes Zeichen erschien am Himmel: ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen. Sein Schwanz fegt ein Drittel der Sterne vom Himmel und warf sie auf die Erde herab. Der Drache stand vor der Frau die gebären sollte, er wollte ihr Kind verschlingen sobald es geboren war. (Offb. 12, 3-4)

Ein weiteres Zeichen sieht Johannes am Himmel, einen Drachen von unvorstellbarer Größe. Die sieben Köpfe zeigen eine universelle Macht über Himmel und Erde. Drei Köpfe haben je zwei Hörner und vier Köpfe je ein Horn, so gelangt man zur Zehnerzahl und sieht zugleich die Drei und die Vier, die für Himmel und Erde stehen und die in der Sieben zur Universalität werden. Es ist eine Bedrohung, die selbst Gott gefährlich zu werden scheint.

Ein Drittel der Sterne fegt der Drache mit seinem Schwanz vom Himmel zur Erde. Man kann darin die Engel sehen, die Satan auf seine Seite gezogen hat. So kommt das Böse auf die Erde. Wir erfahren hier, dass die Kämpfe auf der Erde letztlich die Folge dieses einen Kampfes im Himmel sind. Wir erkennen den Ursprung des widergöttlichen Wirkens, das Gottes gute Schöpfung zerstören und den Menschen von Gott trennen will. Doch aus Gott verlagert sozusagen seinen Kampfplatz auf die Erde. Er überlässt seine Schöpfung nicht den teuflischen Mächten. Die Frau und ihr Kind sind die Hoffnungsträger im Kampf gegen das Böse auf Erden. Eine Frau, schwach und doch mächtig durch ihren Glauben. Dies zeigt uns Maria als neue Eva. Eva ist der Verführung Satans erlegen. Maria aber nimmt den Kampf wieder auf, der den Nachkommen Evas prophezeit wurde:

Feindschaft setzte ich zwischen dich und die Frau, zwischen deinen Nachwuchs und ihrem Nachwuchs. Er trifft dich am Kopf und du triffst ihn an der Ferse. (Gen. 3/15)

Der Drache weiß um die Macht des Kindes. Er weiß, dass seine Zeit zu Ende gehen wird. Es gelingt dem Drachen nicht, die Frau und ihr Kind zu vernichten. Das ist ein Zeichen der Hoffnung. Was schwach scheint auf Erden wird stark durch den Glauben.

Und sie gebar ein Kind, einen Sohn, der über alle Völker mi eisernem Zepter herrschen wird. Und ihr Kind wurde zu Gott und zu seinem Thron entrückt. Die Frau aber floh in die Wüste, wo Gott ihr einen Zufluchtsort geschaffen hatte; dort wird man sie Nahrung versorgen, zwölfhundertsechzig Tage lang. (Offb. 12, 5-6)

In einem Satz wird hier die ganze Heilsgeschichte zusammengefasst: Gottes Sohn kam in die Welt und hat den neuen Bund gestiftet mit seinem Blut. Der Drache konnte ihn nicht verschlingen, sondern Gottes Sohn ging dem Tod als Sieger hervor über den Tod und thront zur Rechten des Vaters. Maria aber wird zur Mutter des neuen Gottesvolkes. Mit ihren Kindern, den Glaubenden, steht sie im Kampf gegen den Satan. Sie ist die Zuflucht der Glaubenden und sie breitet den Mantel aus über ihre Kinder, um sie vor aller Not zu schützen. Rufen wir Maria immer um ihre Hilfe an.

 

Mit freundlicher Genehmigung entnommen aus „Ruf des Königs“ Nr. 62, 2/2017  


Terror im Namen religiöser Schriften

Sind Bibel und Koran gleichermaßen gewalttätig?

„Koran vs. Bibel. Gewalt können sie alle“, so titelte die taz Anfang 2016. Beide Bücher – so der Artikel – rufen ihre Anhänger zu Gewalt auf. Darum sei es unfair, einseitig dem Islam vorzuwerfen, er fördere Terror und Gewalttätigkeit. Auch die Bibel, zumindest das Alte Testament, sei voll von grausamen Geboten und verlange die radikale Ausrottung aller Andersgläubigen. Bibel und Koran seien also gleichermaßen gewalttätig…..

Sind sie das wirklich?

Tatsächlich gibt es im Alten Testament harte, bisweilen schockierende Gesetze. „Auge für Auge, Zahn für Zahn“ (Ex. 21,24); widerspenstige Söhne können von den Eltern dem Tod ausgeliefert werden (Dtn. 21, 18-21); das Volk Israel soll alle Kanaaniter ausrotten (z.B. Dtn. 7, 1-2). Auf den ersten Blick schein es tatsächlich keinen Unterschied zum Koran zu geben, wo es heißt: „Tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet“ (Sure 9,5).

Eine Antwort, die zu einfach ist.

Manche Christen argumentieren, zwar gäbe es im Alten Testament Aufrufe zur Gewalt, aber für uns Christen gelte nur das Neue Testament. Beim AT müsse man zugestehen, dass sich dort Fehler eingeschlichen haben.

Aber so einfach geht es nicht.

Der Katechismus der Katholischen Kirche lehrt: „Das Alte Testament ist ein unaufgebbarer Teil der Heiligen Schrift. Seine Bücher sind von Gott inspiriert und behalten einen dauernden Wert, denn der Alte Bund ist nie widerrufen worden“ (KKK121). Wie aber lassen sich dann die Gewaltpassagen im AT erklären?

Folgende zwei Punkte können helfen, den Unterschied zwischen Bibel und Koran in dieser Frage besser zu verstehen:

  1. Das AT als pädagogischer Prozess

Zwischen Koran und Bibel besteht ein grundlegender Unterschied: Der Koran versteht sich als göttliche Offenbarung, die in der kurzen Lebenszeit von Mohammed erfolgt ist. Die Bibel dagegen ist eine Sammlung von 73 Büchern, die über einen Zeitraum von vielen Jahrhunderten entstanden sind. Im Laufe dieser Zeit hat sich das Gottesverständnis des auserwählten Volkes durch die fortdauernde Offenbarung Gottes Schritt für Schritt vertieft und weiterentwickelt. Darum ist in der Bibel von Buch zu Buch mit einer fortschreitenden Entfaltung der Lehre zu rechnen, während beim Koran für eine solche Entwicklung kaum Zeit zur Verfügung stand.

Welche Fragen ergaben sich daraus für die Gewaltpassagen? – Ein Beispiel:

In den ersten Stunden des Musikunterrichts lernen Schüler, es gäbe die Tonarten Dur und Moll; das es noch viele andere Kirchentonarten gibt, verschweigt der Lehrer. Im Schulfach Physik „beweist“ man jahrelang die Allgemeingültigkeit der Newton`schen Gesetze, obwohl der Lehrer natürlich weiß, das Newtons Theorie nur ein besonderer Spezialfall der Relativitätstheorie ist. Lehren die Musik- und Physikpädagogen also etwas falsches? Nein, sie unterrichten ihre Schüler so, dass sie ihr Wissen entwickeln können.

Gott ist der Beste Pädagoge. Auch er beginnt seinen Unterricht nicht mit der Relativitätstheorie, sondern mit Lektion I. Er verlangt nicht sofort Feindesliebe, sondern dämmt zuerst Mord und Totschlag ein und führt sein Volk langsam höher. Aber der Reihe nach.

Die Ausgangssituation im AT

Nach dem Sündenfall von Adam und Eva in Gen. 3 nimmt die Gewalt zwischen den Menschen rasant zu (vergl. Gen 4 und 5). Lamech aus der siebten Generation prahlt vor seinen beiden Frauen: „Ada und Zilla, hört auf meine Stimme, ihr Frauen Lamechs, lauscht meiner Rede! Ja einen Mann erschlage ich für eine Wunde und einen Knaben für eine Strieme. Wir Kain siebenfach gerächt, dann Lamech siebenundsiebzigfach.“ Polygamie und Blutrache bis zur 77fachen Vergeltung herrschen auf Erden; die Menschheit versinkt in Mord und Totschlag.   

Die Grundschule der göttlichen Pädagogik

In dieser Situation spricht Gott zu den Menschen und will durch Gebote die uferlose Gewalt und Gegengewalt eingrenzen. In einem ersten Schritt beschränkt er Vergeltung auf das Maß des vorausgegangenen Vergehens: Hat jemand das Auge des anderen verletzt, darf dieser nicht gleich - wie Lemach - dessen ganze Familie ausrotten, sondern nur ebenfalls das Auge verletzen. „Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß, Brandmal für Brandmal, Wunde für Wunde, Strieme für Strieme (Ex. 21, 23-25). Das Motto lautet: Begrenzung von Gewalt. Freilich, vieles bleibt für unser Empfinden weiterhin hart und roh. Im Buch Deuteronomium wird bestimmt, Eltern könnten einen widerspenstigen Sohn zu den Ältesten der Stadt bringen und dort gegen ihn Klage erheben; anschließend sollen die Männer der Stadt den Sohn steinigen (vgl. Deut 21, 18-21) Ein schreckliches Gesetz.  Und doch ein erster Schritt gegen die reine Willkür der Eltern; ab diesem Augenblick konnten sie nicht mehr beliebig mit ihren Kindern machen, was sie wollten.

Schon in dieser frühen Zeit des AT gibt es zaghafte Ansätze, private Gewalttaten ganz zu verbieten, zumindest gegenüber den eigenen Volksgenossen: „An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen“ (Lev 19,18). Und sogar gegenüber den Feinden ist eine minimale Freundlichkeit geboten: „Wenn du dem verirrten Rind oder dem Esel deines Feindes begegnest, sollst du ihm das Tier zurückbringen“ (Ex 23,4). Insgesamt lässt sich nicht leugnen, dass sich in den ersten Büchern des AT das Volk Gottes – bildlich gesprochen – noch in der „Grundschule“ der göttlichen Pädagogik befindet.

Die „Höheren Klassen“ im AT.

Im Laufe der Jahrhunderte wandelt sich der Ton im AT. Die moralische Erziehung des Volkes durch die Gebote trägt Früchte. Besonders deutlich wird diese Entwicklung in der Weisheitsliteratur des AT. Manche Psalmen verlangen ausdrücklich auch bei ungerechten Gegnern einen respektvollen Umgang: „Wenn ich den quälte, der mich grundlos bedrängt hat, dann soll mich der Feind verfolgen und ergreifen“ (Psalm 7, 5-6). Keine Rede mehr von vergeltender Rache. Auch im Buch der Sprichwörter, das zumindest in Teilen auf Salomon zurückgeht (ca. 970 – 931 v.Chr.), heißt es nicht mehr „Auge für Auge“, sondern „Sag nicht: Ich will das Böse vergelten. Vertrau auf den Herrn, er wird dir helfen“ (Spr. 20, 22). Noch deutlicher in Sprüche 25, 21-22: „Hat dein Feind Hunger, gib ihm zu Essen, hat er Durst, gib ihm zu trinken; so sammelst du glühende Kohlen auf sein Haupt und der Herr wird es dir vergelten.“ Hier geht es nicht mehr nur um ein Durchbrechen der Gewaltspirale, sondern der Feind wird bereits als Mitmensch anerkannt. Die positive Weiterentwicklung im Vergleich zu den ersten Büchern ist unübersehbar.

Das NT als „Abschlussklasse“ der göttlichen Offenbarung

Zur eigentlichen Vollendung gelangt die göttliche Offenbarung im Neuen Testament. Jesus bezieht sich ausdrücklich auf die Inhalte der „früheren Klassen“, aber er ergänzt sie und rückt sie ins rechte Licht. „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand“ (Mt. 5, 38-39).

„Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“ (Mt. 5, 43-44).

In diesen Geboten erkennen wir den endgültigen Plan Gottes, den er von Anfang an für uns Menschen hatte. Gleichzeitig aber ist klar, dass die vorausgehenden Gebote im AT nicht unsinnig oder gar falsch waren. Sie waren anspruchsvolle Forderungen für Schüler in der „ersten Klasse“, für Menschen mit der Moralvorstellung eines Lamech. Das Gebot der Feindesliebe hätte sie genauso überfordert, wie einen Erstklässler die Relativitätstheorie. Aber die Bibel blieb bei der ersten Klasse nicht stehen, sondern führte über Jahrhunderte kontinuierlich bis zur „Abschlussklasse“ des NT, bis zur Begegnung mit Jesus, der uns die Gesamtvision geoffenbart hat. Damit wird verständlich, wie die alttestamentlichen Gebote zur damaligen Zeit angemessen und berechtigt waren, und doch seit dem Kommen Jesu endgültig eine neue Interpretation erfahren haben.

Die gegensätzliche Entwicklung im Koran

Auch im Koran findet man Anzeichen einer Entwicklung, allerdings beschränkt sich der Entstehungszeitraum auf das Leben von Mohammed – im Vergleich zur Bibel also auf eine sehr kurze Dauer. Bemerkenswert dabei ist, die genau umgekehrte Richtung: Toleranz und Achtung Andersgläubiger fordern vor allem die älteren Texte, die aus einer Zeit stammen, als sich Mohammed und seine Anhänger in einer Minderheitenposition befanden. Die späteren (d.h. jüngeren) Suren dagegen, die in einer Zeit entstanden, als die Position Mohammeds bereits politisch gefestigt war, stellen Gewalt oft als legitimes Mittel zur Glaubensverbreitung dar. Gemäß der muslimischen Lehre der „Abrogation“ haben bei widersprüchlichen Aussagen innerhalb des Korans die jeweils späteren/jüngeren Texte den Vorrang vor den früheren/älteren. (Allah spricht in Sure 2, 106: „Wenn wir einen Vers tilgen oder in Vergessenheit geraten lassen, bringen wir [dafür] einen besseren oder einen, der ihm gleich ist.“) Und so wird „unter den muslimischen Gelehrten weithin die Meinung vertreten (…), dass, da die Schwert-Verse zu den letzten Offenbarungen zum Thema der Beziehung des Islam zu Nichtmuslimen gehören, sie alleine rund 200 der früheren und toleranteren Verse aufheben.“ Nach dieser Regel wurden Aussagen wie „Es gibt keinen Zwang im Glauben“ (Sure 2, 256), der zu den älteren Texten des Koran zählt, durch jüngere/spätere Offenbarungen wie „Tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet“ (Sure 9,5) ersetzt.

Fazit

Sowohl im AT als auch im Koran gibt es Gebote zur Gewaltausübung. Aber vor dem Hintergrund der völlig verschiedenen Entwicklungsgeschichte der beiden Bücher haben auch die jeweiligen Gewalt-Gebote eine gänzlich unterschiedliche Bedeutung.

 

2. Gewaltanwendung nicht als allgemeines Gebot

Besonders schockierend für den heutigen Leser des AT`s sind Texte, in denen Gott den Israeliten befiehlt, die Völker im Land Kanaan restlos auszurotten.

„Wenn der Herr, dein Gott, in das Land geführt hat, in das du jetzt hineinziehst, um es in Besitz zu nehmen, wenn er dir viele Völker aus dem Weg räumt – Hetiter, Girgaschiter und Amoriter, Kanaaniter und Perisiter, Hiviter und Jebusiter, sieben Völker, die zahlreicher und mächtiger sind als du-, wenn der Herr, dein Gott, sie dir ausliefert und sie schlägst, dann sollst du sie der Vernichtung weihen“ (Dtn. 7, 1-2).

Solche Anweisungen lassen sich wohl kaum im Sinn einer „Grundschulpädagogik im AT“ als Eindämmung zwischenmenschlicher Gewalt interpretieren. Hier wird direkt zu Gewalt aufgerufen. Und damit scheint das AT auf gleicher Stufe zu stehen wie der Koran, wo es z.B. heißt: 

„Und wenn die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet, und ergreift sie, und belagert sie und lauert ihnen aus jedem Hinterhalt auf. Wenn sie aber bereuen, und das Gebet verrichten, und die Zakah entrichten, dann gebt ihnen den Weg frei (Sure 9,5).

Gibt es also bei den Tötungsbefehlen, die sich direkt auf Gott berufen, doch keinen Unterschied zwischen AT und Koran?

Wenn man die betreffenden Koranverse mit ihren gewalttätigen Entsprechungen im Alten Testament vergleicht,  

Die göttlichen Tötungsbefehle im Koran sind nicht an einen bestimmten Ort bzw. eine bestimmte geschichtliche Situation gebunden, sondern gehen über Zeit und Raum hinaus und gelten selbst für heutige Gläubige noch. Den Muslimen wir ganz allgemein befohlen: „tötet die Götzendiener, wo immer ihr sie findet“ (Sure 9,5), und bekämpft die „Völker des Buches“ – d.h. Juden und Christen – „bis sie eigenhändig den Tribut in voller Unterwerfung entrichten“ (Sure 9,29). Und Sure 4,91 erklärt über Andersgläubige: „Wenn sie sich nicht von euch fernhalten, und euch nicht Frieden anbieten und nicht ihre Hände zurückhalten, dann ergreift sie und tötet sie, wo immer ihr auf sie trefft.“ Im AT liegt die Sache dagegen ganz anders: Gott befahl den Israeliten, die Völker der Hetiter, Amoriter, Kanaaniter, Perisiter, Hiviter und Jebusiter zu töten – allesamt festgelegte Völker, die in einer bestimmten Zeit und einem bestimmten Ort gelebt haben. Ja, das Gebot Gottes zur Vernichtung der genannten historischen Völker ist für uns heute erschreckend und weithin unverständlich (darüber wäre ein eigener Artikel zu schreiben). Aber im Vergleich mit den entsprechenden Koranstellen gibt es einen wesentlichen Unterschied: zu keiner Zeit gab Gott den Israeliten und ihren Nachkommen ein allgemeines Gebot alle Nichtjuden zu bekämpfen, durch Zwang zu bekehren oder zu töten. Im Fall Israels ging es um ein einmalig historisches Ereignis, das -warum auch immer- Gott speziell in der damaligen Situation angeordnet hatte. Spätestens mit dem Kommen Jesu, der uns in der „Abschlussklasse“ im NT unterrichtet hat,  gehören solche Befehle aber der Geschichte an; ein heutiges Berufen auf solche Stellen ist für Christen nicht möglich – wegen Christus.

 

Schluss: Ein Blick in die Realität

Die Gewalt-Passagen in Bibel und Koran sind verschieden. Aber vielleicht erweisen sich solche „theologische Überlegungen“ heute sowieso als müßig und ein Blick ins aktuelle Weltgeschehen ist das bessere Argument: Wenn die Bibel angeblich von ihren Gläubigen Gewaltanwendung verlangt- wo sind die christlichen Terroristen, die sich unter Berufung auf das AT in die Luft sprengen? In welchem Land werden muslimische Minderheiten mit Verweis auf die Bibel durch ihre christlichen Mitbürger verfolgt? Wo ihnen die Religionsfreiheit verweigert? Es dürfte schwierig werden, hier auch nur einzelne Beispiele zu finden.

Aber all dies geschieht tagtäglich in muslimischen Ländern durch Menschen, die sich auf den Koran berufen. Wegen Krieg und Terror ist allein im Irak die Zahl der Christen von1,5 Mio im Jahr 2003 auf mittlerweile nur noch 300000 Christen gesunken. Der religiös motivierte Terrorismus ist heute praktisch ausschließlich ein Phänomen des Islam, nicht des Judentums oder Christentums. Vielleicht berufen sich die Terroristen zu Unrecht auf Textstellen im Koran. Möglich. Darüber kann man vermutlich diskutieren. Aber der Blich in die Nachrichten zeigt, dass Menschen defakto nur vom Koran eine Legitimation für terroristische Handlungen ableiten.

Mit freundlicher Genehmigung entnommen aus: „Ruf des Königs“ Nr. 60, 4/2016, Kongregation der Diener Jesu und Mariens (SJM), Auhofstraße 22, A-3372 Blindenmarkt                                              

 

       


Neues zu Medjugorje

 

Erzbischof Henryk Hoser: Medjugorje bringt gute Früchte und „sollte nicht gestoppt werden. Es ist einer der lebendigsten Orte des Gebets und der Bekehrung in Europa und hat eine gesunde Spiritualität.“

Der polnische Erzbischof Henryk Hoser geht davon aus, dass die Marienerscheinungen von Medjugorje anerkennt werden, „möglicherweise sogar noch dieses Jahr“. Im Text der Erscheinungen gebe es keine grundsätzlichen Lehrfehler. Der Erzbischof von Warschau-Praga ist der Papstgesandte für Medjugorje, der Pallottiner äußerte sich im Interview mit der Polnischen Nachrichtenagentur KAI. Seinen Angaben zufolge hat die Glaubenskongregation ihre Dokumentation zu den Erscheinungen der Gottesmutter schon dem Vatikanischen Staatssekretariat überreicht. Er selbst unterstütze den Vorschlag der von Kardinal Camillo Ruini geleiteten Untersuchungskommission, die Echtheit der ersten Erscheinungen anzuerkennen. Gleichzeitig gestehe er aber ein, dass es sei schwer zu glauben, dass die sechs Seher seit 36 Jahren fortlaufende Marienerscheinungen haben.

Der Marienwallfahrtsort in Bosnien-Herzegowina sei europaweit einer der „lebendigsten Orte für Gebets und Bekehrung“. Dort gebe es eine "gesunde Spiritualität". Die Ordensmänner in dem Ort verhindern ihm zufolge "touristische Elemente" bei den Besuchen. Im Gegensatz zu anderen Wallfahrtsorten wie Fatima, Lourdes, Lisieux und Tschenstochau stelle er in Medjugorie eine „riesige Wachstumsdynamik sowie eine bemerkenswerte Kreativität der dort entstandenen Werke“ fest. Der Marienkult sei im Wesentlichen christuszentriert.
Die Stärken von Medjugorje sind „Gebet, Stille, Anbetung, Fasten, Beichten“ und „eine außerordentliche Atmosphäre der Konzentration“, so Hoser. Er lobte auch die angebotenen Seminare, die jedem Pilger offen stehen und zum Ziel haben, den Glauben zu vertiefen.
Das grundsätzliche Kennzeichen von Medjugorje „ist die Beichte“, sagte der Papstgesandte. Oft beichtet jemand nach Dutzenden von Jahren, „weil ihn die Gnade so sehr berührt hat“. „Die Menschen stehen in langen Schlangen vor den Beichtstühlen.“

Der Papstgesandte betonte abschließend: „Diese Bewegung wird nicht aufhören und sollte nicht gestoppt werden. Denn sie bringt gute Früchte. Es ist einer der lebendigsten Orte des Gebets und der Bekehrung in Europa und hat eine gesunde Spiritualität.“ „Ein mächtiges Argument für die Echtheit der Erscheinungen ist die Treue zur Lehre der Kirche. Wenn die Offenbarungen und wenigstens die ersten sieben erkannt werden, wird dies ein gewaltiger Anreiz für Medjugorje sein.“

 

Auszug aus Kathnet, 21.08.2017, Interview mit Erzbischof Hoser


100 Jahre Fatima

 

Man schrieb den 13. Mai 1942. Inmitten der Schrecken des 2. Weltkrieges versammelten sich in Fatima mehrere hunderttausend Menschen Im Land herrschte Frieden. Portugal bewahrte in all den Jahren die Neutralität. Zufall oder wunderbare Gabe des Himmels? Unter den vielen Pilgern, die die riesige Mulde der Cova da Iria bis in den letzten Winkel füllten, herrschte die frohe und übereinstimmende Überzeugung: Diese Friedenszeit inmitten von Krieg und Not ist ein Geschenk unserer Lieben Frau von Fatima! Deshalb waren sie heute in Massen gekommen, feierte man doch den 25. Jahrestag der ersten Erscheinungen Mariens.

Bei seiner Predigt lüftete Kardinal Cerejeira, Patriarch von Lissabon, ein bis dahin gehütetes Geheimnis. Die wunderbaren Ereignisse des Jahres 1917 hatten ein wichtiges Vorspiel: die Erscheinung des Engels von Portugal im Jahre 1916. Dieser sollte die Herzen der Kinder auf die Botschaft Mariens vorbereiten und sie befähigen, die ihnen vom Himmel zugedachte Aufgabe zu erfüllen.

 

Der Engel des Friedens

 

Francisco wurde in diesem Sommer 8. Jacinta war gerade 6 Jahre alt. Eigentlich waren sie für das Hüten der Schafe noch zu klein. Dennoch erlaubten die Eltern Marto es den beiden, wussten sie sie doch bei ihrer Cousine Lucia gut aufgehoben. Frühmorgens mussten sie nun aus den Strohsäcken, nach einem kargen Frühstück ging es mit den Herden auf die Weide. Einfach und arm waren die Verhältnisse zu Hause, die Kinder sollten sich früh daran gewöhnen mitzuhelfen. Das taten sie gerne, konnte man beim Schafe hüten doch nach Herzenslust spielen, tanzen und singen. So auch an jenem Nachmittag am Ende des Frühlings, an den sich Schwester Lucia noch in hohem Alter erinnerte:

„Wir hatten schon eine Weile gespielt, als plötzlich ein starker Wind die Bäume schüttelte und uns aufschauen ließ, um zusehen was geschah, denn es war sonst ein ruhiger Tag. Da sahen wir über den Olivenbäumen ein Licht auf uns zukommen, weißer als Schnee, in der Gestalt eines jungen Mannes, etwa 14 oder 15 Jahre alt, den die Sonne ganz durchsichtig machte als wäre er aus Kristall, und von besonderer Schönheit. Als er bei uns anlangte, sagte er: „Fürchtet euch nicht! Ich bin der Engel des Friedens. Betet mit mir!“ Er kniete sich auf die Erde und beugte die Stirn bis zum Boden. Wir taten das gleiche und wiederholten die Worte die wir ihn sprechen hörten:

 „Mein Gott, ich glaube an dich, ich bete dich an, ich hoffe auf dich und ich liebe dich. Ich bitte dich um Verzeihung für jene, die nicht an dich glauben, dich nicht anbeten, nicht auf dich hoffen und dich nicht lieben.“  

Danach erhob er sich und sagte: „Betet so! Die Herzen Jesu und Mariens achten auf eure flehentliche Bitten.“ Dann verschwand er.

Die Atmosphäre des Übernatürlichen, die uns umgab, war so intensiv, dass wir ziemlich lange uns kaum unserer Existenz bewusst waren, während wir in der Haltung blieben, in der uns der Engel zurückgelassen hatte und immer wieder das gleiche Gebet wiederholten! Seine Worte prägten sich so in uns ein, dass wir sie nie mehr vergasen. Von diesem Zeitpunkt an verbrachten wir öfters längere Zeit so niedergebeugt und wiederholten die Worte, manchmal bis wir vor Müdigkeit umfielen.

 

Ich bin der Engel Portugals

 

Längere Zeit danach, an einem Sommertag […] spielten wir beim Brunnen im Hof meiner Eltern. Plötzlich sahen wir neben uns dieselbe Gestalt des Engels: „Was tut ihr? Betet! Betet viel! Die Herzen Jesu und Mariens haben mit euch Pläne der Barmherzigkeit. Bringt dem Allerhöchsten unaufhörlich Gebete und Opfer dar!“ „Wie sollen wir Opfer bringen?“ fragte ich. „Macht aus allem, was ihr könnt, ein Opfer zur Sühne für die Sünden, durch die ER beleidigt wird und als Bitte um die Bekehrung der Sünder. So werdet ihr den Frieden auf euer Vaterland herabziehen. Ich bin sein Schutzengel, der Engel Portugals. Vor allem nehmt die Leiden, die euch der Herr schicken wird, in Ergebung an und tragt sie geduldig.“

Diese Worte des Engels prägten sich in unseren Geist ein wie ein Licht, dass uns erkennen ließ, wer Gott ist, wie sehr er uns liebt und von uns geliebt werden will. Wir erkannten den Wert des Opfers und wie es ihm wohlgefällig ist.; und wie er um des Opfers willen Sünder bekehrte. Deshalb begannen wir von diesem Zeitpunkt an, alles aufzuopfern, was uns wehtat.“


Tröstet euren Gott

„Die dritte Erscheinung muss, so meine ich, im Oktober oder Ende September gewesen sein…Sobald wir am Loca do Cabeco angekommen waren, begannen wir, kniend und mit den Gesichtern zur Erde gebeugt, das Gebet des Engels zu wiederholen. Ich weiß nicht wie oft wir das Gebet wiederholt hatten, als wir über uns ein unbekanntes Licht erstrahlen sahen.

Wir richteten uns auf, um zu sehen, was geschah, und sahen wieder den Engel der in der linken Hand einen Kelch hielt, worübr eine Hostie schwebte, aus der Blutstropfen in den Kelch fielen. Der Engel lies den Kelch in der Luft schweben, kniete sich neben uns nieder und lies und drei Mal folgendes Gebet nachsprechen:

„Heiligste Dreifaltigkeit, Vater, Sohn und Heiliger Geist, in tiefster Ehrfurcht bete ich Dich an und opfere Dir auf den kostbaren Leib und das Blut, die Seele und die Gottheit Jesu Christie, gegenwärtig in allen Tabernakeln der Erde, zur Wiedergutmachung für alle Schmähungen, Sakrilegien und Gleichgültigkeiten, durch die ER selbst beleidigt wird. Durch die unendlichen Verdienste SEINES Heiligsten Herzens und des Unbefleckten Herzens Mariens bitte ich DICH um die Bekehrung der armen Sünder“

Dann erhob er sich und ergriff wieder Kelch und Hostie. Die Hostie reichte er mir, den Inhalt des Kelches gab er Jacinta und Francisco zu trinken mit den Worten: „Empfangt den Leib und trinkt das Blut Jesu Christie, der durch die Menschen so furchtbar beleidigt wird. Sühnt ihre Verbrechen und tröstet euren Gott.“

Dann warf er sich von neuem auf die Erde und wiederholte mit uns noch dreimal dasselbe Gebet.

 

Die Pädagogik des Himmels

Aus den Berichten die uns Sr. Lucia über die Ereignisse des Jahres 1916 hinterlassen hat, lassen sich deutlich die Veränderungen im Leben der drei Hirtenkinder herauslesen. Obwohl noch sehr jung an Jahren, wurden sie mit der Existenz der Sünde konfrontiert. Die Frage, ob ein Mensch sein ewiges Ziel erreicht, ob die Erlösungstat Christie für diesen Menschen wirksam wird oder nicht, war zu einer zentralen Frage im Leben der drei Kinder geworden. „Sühnt ihre Verbrechen und tröstet euren Gott!“ Kürzer und prägnanter lässt sich das menschliche Drama nicht auf einen Nenner bringen. Der Himmelwendet manchmal eine ungewöhnliche Pädagogik an, die uns nicht recht in den Sinn will. Die drei Seherkinder machte er aber bereit für den Empfang weiterer und noch größerer Gnaden. Auf dem Weg dorthin verfolgte er ein dreifaches Ziel:

 

Erstens: Eine Tiefe Liebe zum Gebet

Obwohl die Kinder von ihren Eltern eine tiefe Liebe zu Gott und einen lebendigen Glauben gelernt hatten, waren sie doch Kinder wie andere auch. Sie liebten das Spiel so sehr, dass dabei das Gebet manchmal zu kurz kam, erzählt Sr. Lucia später selbst. Nicht dass sie den Rosenkranz unterlassen hätten, das ließ ihr empfindsames Gewissen nicht zu. Jacinta aber hatte eine geniale Erfindung: bei den großen Perlen sagten sie nur: „Vater unser“, bei den 10 kleinen Perlen „Ave Maria“. So war der Rosenkranz in kaum einer Minute gebetet und das Spiel konnte wieder aufgenommen werden. Dies änderte sich mit der Erscheinung des Engels schlagartig. „Ich habe den Engel lieb“, sagte eines Tages Francisco, „aber ich kann nichts mehr tun, nicht einmal mehr laufen; ich weiß nicht, wie mir ist.“ Ein Ernst, der Kindern normalerweise noch fremd ist, hatte ihr Leben erfüllt. Ihr Gebet und Opfer hatten einen tiefen Sinn erhalten. Gott zu trösten und die Sünder zu retten ließ sich auf bei aller Freunde des Spiels immer wieder gerne und oft zum Gebet zurückkehren.

 

Zweitens: Eine opferbereite Liebe zum Sünder

„Macht aus allem, was ihr könnt, ein Opfer zur Sühne für die Sünden, durch die ER beleidigt wird und als Bitte um die Bekehrung der Sünder.“ Diese Bitte des Engels lenkte den Blick der Kinder auf die Menschen, die in der Gefahr schweben, ihr ewiges Ziel zu verfehlen. Maria sollte es später so ausdrücken: „Betet, betet viel und bringt Opfer für die Sünder, denn es kommen viele Seelen in die Hölle, weil niemand da ist, der sich für sie opfert und für sie betet.“ Jacinta, Francisco und Lucia nahmen diese Worte überaus ernst. Der Gebetseifer und die Opferbereitschaft, die aus ihrem Leben hervorstrahlt, sind beeindruckend. Und nachahmenswert!

 

Drittens: Eine sehnsuchtsvolle Liebe zum eucharistischen Heiland

„Während Jacinta mit dem einzigen Gedanken beschäftigt zu sein schien, Sünder zu bekehren und Seelen vor der Hölle zu bewahren, dachte Francisco nur daran, Unseren Herrn und Unsere Liebe Frau zu trösten, die ihm so traurig zu sein schienen.“ Der „verborgene Jesus“ war der schöne Ausdruck, mit dem die Hirtenkinder das Allerheiligste Sakrament des Altares bezeichneten. Francisco liebte es stundenlang vor dem Tabernakel zu verweilen in liebevollem Gespräch mit unserem Herrn. Lucia trug er oft auf: „Geh du zur Schule, ich bleibe hier in der Kirche beim verborgenen Jesus.“ Bei der Rückkehr fand ihn seine Cousine andächtig und gesammelt beim Gebet.

 

Diese überaus große Liebe der Kinder zum Sakrament des Altares wurde durch die Erscheinung des Engels grundgelegt. Aus seiner Hand empfingen Jacinta und Francisco die erste Heilige Kommunion.“ Ich habe gespürt, dass Gott in mir war, ich wusste aber nicht wie“, sagte Francisco zu den beiden Mädchen nach der letzten Erscheinung des Engels. Die Begegnung mit der unendlichen Liebe Gottes, gegenwärtig in den eucharistischen Gestalten von Brot und Wein, veränderten ihr Leben. Sie schenkt ihnen selbst eine große Liebe zu allen Menschen, besonders zu den Sündern. Und sie machte die drei Kinder bereit für ihre große Aufgabe, für dieErscheinung Unserer Lieben Frau.

Die Erscheinung des Engels des Friedens war der Beginn eines nicht enden wollenden Pilgerstromes in das kleine Städtchen in den Bergen Portugals. Damit veränderte er das Leben unzähliger Menschen, die durch Maria und vom Beispiel der drei Hirtenkinder angesteckt, zu einer tieferen Liebe zu Gott fanden. War die Berufung der Seherkinder auch eine ganz besondere, der Ruf zu tieferer Liebe zum Gebet, den Sündern und unserem Herrn in der Eucharistie gilt doch ebenso auch uns!  

Mit freundlicher Genehmigung entnommen aus: „Ruf des Königs“ Nr. 59, 3/2016,

Kongregation der Diener Jesu und Mariens (SJM), Auhofstraße 22,

A-3372 Blindenmarkt